Es sind sehr schwere Vorwürfe, die der Recherchezusammenhang Informnapalm gegen Kaspersky erhebt. Die Cybersecurityfirma soll mit ihrer KI-Technologie in die Entwicklung russischer Militärdrohnen verstrickt sein, die auch in der Ukraine zum Einsatz kommen. Quelle dafür sind interne Dokumente, die der auf OSINT-Recherche spezialisierten Gruppe zugespielt wurden. Das Unternehmen weist die Vorwürfe größtenteils von sich.

Vorwurf

Die Verbindungen von Kaspersky zu dem Drohnenhersteller Albatross sollen demnach bereits auf das Jahr 2018 zurückgehen. Damals hätten sechs Personen eine Gruppe namens ALB-search gegründet, um an einem Wettbewerb für Such- und Rettungsdrohnen teilzunehmen. Zwar konnte man diesen nicht gewinnen, aus dem Projekt ging aber schlussendlich Albatross hervor.

Dabei sollen zwei der ALB-search-Mitglieder stark in die Entwicklung der folgenden Spionagedrohnen von Albatross involviert gewesen sein – das während sie bei Kaspersky angestellt waren. Einer davon habe seit 2018 bei Kaspersky parallel sogar die Antidrohnenabteilung des Unternehmens geleitet, die damit wirbt automatisch auf Bedrohungen durch Drohnen reagieren zu können.

Laut Informnapalm ist daraus eine der zentralen Technologien von Albatross hervorgegangen. Das Aufspüren von Menschen mithilfe von Maschinenlernen – eine Technologie, die sowohl friedlich als auch – wie in der Ukraine – für den Kriegseinsatz verwendet werden kann. ALB-search habe damals sogar ein Patent auf die Technologie angemeldet, im Rahmen von Albatross soll dann die Hardware mit all ihren Sensoren und Kameras entwickelt worden sein, während die Kaspersky-Entwickler für die eigentliche Erkennung via KI zuständig gewesen sein sollen.

Widerspruch

Bei Kaspersky spricht man, von The Register mit den Vorwürfen konfrontiert, von "mehreren falschen Aussagen" sowie "sachlichen Ungenauigkeiten und Spekulationen". Beim erwähnten Pilotprojekt sei es um humanitäre Einsätze gegangen, viele der von Informnapalm veröffentlichten Dokumente und Mails seien zudem aus dem Zusammenhang gerissen. Zwar hätten tatsächlich zwei Kaspersky-Mitarbeiter mit Albatross zusammengearbeitet, das sei aber vor ihrer Anstellung bei der Cybersicherheitsfirma gewesen. Zwar habe es auch ganz offiziell eine Kooperation zwischen den beiden Firmen, diese sei aber ebenfalls bereits 2022 eingestellt worden, und es sei dabei nur um die öffentlich bereits bekannte Antidrohnenlösung von Kaspersky gegangen.

Russia's Albatross UAV: Unveiling the Secret Weapon
Ein Propagandavideo des russischen Militärs zeigt eine Albatross-Drohne.
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In den geleakten Dokumenten klingt das etwas anders. Befindet sich darunter doch etwa eine Präsentation, in der explizit von einer Involvierung Kasperskys die Rede ist. "Im Rahmen einer Partnerschaft mit dem russischen Flugzeughersteller Albatross wurden bereits neuronale Netzwerke von Kaspersky auf den Starrflügler-Drohnen Albatross M5 und den industriellen Quadcoptern Albatross D1 installiert", heißt es darin. Genau diese Drohnen werden derzeit in der Ukraine von Russland eingesetzt, um ukrainische Soldaten aufzuspüren.

Die Effektivität der Albatross-Drohnen ergebe sich erst durch die KI-gestützte Personenerkennung, die von Kaspersky stamme, so denn auch der Vorwurf von Informnapalm. Die damit einhergehende Forderung: Das gesamte Geschäft von Kaspersky müsste unter Sanktionen. Es sei klar, dass Kaspersky-Technologie im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werde.

Es geht um viel

Für Kaspersky geht es bei dem Thema also um einiges, insofern deutlich versucht man dem Bericht in aller Deutlichkeit zu widersprechen: "Die unbestätigten Äußerungen über Kaspersky sind nichts anderes als unbegründete, falsche Anschuldigungen gegen ein Unternehmen, dessen Aufgabe es seit jeher ist, vor Malware zu schützen, unabhängig von ihrer Quelle". Und weiter: "Kaspersky verpflichtet sich weiterhin zu vollständiger Transparenz über sein Geschäft, seine Produkte und Technologien." (apo, 5.5.2024)