Politik, Initiative, überparteilich, Glück, Kopf, Herlitschka, Felbermayr
"Mehr Grips" wollen diese Damen und Herren der Politik anbieten (von links): zugeschaltet aus dem Ausland Gabriel Felbermayr, Johannes Kopf, Sabine Herlitschka, Kurt Guwak und Manuela Vollmann – und 25 andere Persönlichkeiten mehr.
© Christian Fischer

"Veränderungsprozesse brauchen gute Führung, die Politik muss führen und braucht dafür Impulse", sagt Sabine Herlitschka. "Uns verbindet die Sorge, ob unser System noch in der Lage ist, die komplexen Probleme unserer Zeit zu lösen", formuliert Johannes Kopf. "Wir müssen die alte österreichische Tugend wieder entdecken, zu guten, tragfähigen, breiten Kompromissen zu kommen", wünscht sich Gabriel Felbermayr. "Geschlechtergerechtigkeit, Diversität, soziale Verantwortung sind Selbstverständlichkeiten, aber wir müssen sie auch leben", sagt Manuela Vollmann.

Die Infineon-Chefin, der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), der Wirtschaftsforscher und die Non-Profit-Managerin haben eines gemeinsam: Sie haben sich der überparteilichen Initiative "Mehr Grips – Impulse für eine gute Politik" angeschlossen. So wie etliche andere. Insgesamt 30 Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Lebenswelten, Disziplinen, mit breit gefächerten Kompetenzen, haben sich zusammengeschlossen, um "dem politischen System" (Herlitschka) Denkanstöße für eine Politik zu geben, die über den Tellerrand der eigenen Parteiwirklichkeit hinausblickt und an längerfristigen, zukunftsträchtigen Konzepten arbeitet.

Vier große Themenbereiche

Konkret wollen die 30 mit "mehr Grips" bis Mitte Juni in vier Themenbereichen Vorschläge machen: Wie könnte eine ökologische Transformation aussehen? Wie gestalten wir die digitale Transformation? Wie könnte man das Bildungssystem zukunftsorientiert umbauen? Und: Wie sorgen wir bei all dem weiterhin für soziale Stabilität?

Ebenfalls mit dabei, unter anderem: Ex-Verbund-Vorstand Wolfgang Anzengruber, die Politikberaterin Heidi Glück, IV-Generalsekretär Christoph Neumayer, die Klimaaktivistin und Autorin Katharina Rogenhofer, ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl, die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger und Agnes Streissler-Führer, die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA).

Der gelbe Sticker der neuen Initiative. Darauf steht
Mehr Grips, weniger Streit, mehr Kompromisse will die neue Initiative.
© Christian Fischer

Politik als Adressat

Nicht dabei – und auch nicht erwünscht – sind aktive Politikerinnen und Politiker. Sie sind die Adressaten der Initiative-Mitglieder, die sich bereits, nach eigenen Angaben, mehrmals in unterschiedlichen Gruppierungen in ihrer Freizeit getroffen haben und "mitten in der Arbeit stecken". Laut AMS-Chef Kopf geht es dabei nicht nur um die Inhalte, die präsentiert werden sollen. Kopf: "Es geht auch um die Methode. Wir wollen zeigen, dass wir, auch wenn wir aus sehr unterschiedlichen Bereichen kommen und weltanschaulich durchaus nicht übereinstimmen, zu guten Lösungen kommen können. Weil wir einander zuhören, aufeinander eingehen, respektvoll miteinander umgehen." Dies sei der Schlüssel, empfindet nicht nur Kopf, denn die Politik tue sich auch deshalb so schwer, "weil der öffentliche Diskurs unterm Hund ist".

Angebot hofft auf Nachfrage

Die Ergebnisse der Überlegungen sollen bewusst allen Parteien zur Verfügung gestellt werden – durchaus als Anregung für etwaige Koalitionsgespräche, wie Personalmanager Kurt Guwak sagte, aber auch für längerfristige Konzepte. Dass man dies just in einem Wahljahr mache, sei bewusst so angelegt, sagen die Protagonisten der Initiative. Was aber nicht heiße, dass man vorhabe, selbst zu kandidieren oder etablierten Parteien anderweitig Konkurrenz zu machen. "Wir sind selbst gespannt, was rauskommt", sagt Herlitschka, "aber wir sehen es locker. Wir bieten einfach etwas Gutes an, auf das alle zugreifen können." Mit ersten Ergebnissen, in dem Fall zum Thema ökologische Transformation, ist bereits Mitte Mai zu rechnen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) teilte via X (vormals Twitter) mit, dass er sich bereits mit Mitgliedern der Initiative "Mehr Grips" ausgetauscht habe und "gespannt" auf die Ideen sei. Zudem lud er alle Vertreterinnen und Vertreter der Initiative in den nächsten Tagen zum Gespräch ins Bundeskanzleramt. (Petra Stuiber, 25.4.2024)